25. September: rassistisch, gewaltbereit und betrunken – “MV.Patrioten” entpuppen sich wiederholt als rechtsradikale Gewalttäter

Demonstration am 25.09.2015 gegen MV.Patrioten in Stralsund (4)
Foto: Moritz Werthschulte

Am vergangenen Freitag, den 25. September, sind die “MV.Patrioten” erneut durch Stralsund “spaziert”. Die Demonstration verlief rund um und teilweise durch die Stralsunder Altstadt. Mehrere Blockaden und Gegenproteste am Rande der Aufmarschroute verhinderten, dass die Neonazis und Rassisten ihre genehmigte Route bekamen. Es wurden Menschen von Teilnehmern der “MV.Patrioten”-Demo angegriffen und verletzt.

Ein Regenbogen für Alle – Gegendemonstranten bereiten lauten Empfang

Dem Aufruf von engagierten Menschen aus Organisationen, Verbände, Gewerkschaften und Parteien (SPD; DIE LINKE, Grüne) waren ca. 160 Menschen gefolgt. So wurde von den Demonstranten auf dem Alten Markt ein bunter Regenbogen geschaffen. Dieser sollte symbolisieren, dass Stralsund eine weltoffene und vor allem vielfältige Stadt ist. Auch der Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), die Bundestagsabgeordnete Sonja Steffen (SPD) und Kerstin Kassner (DIE LINKE) folgten dem Aufruf und unterstützten die Demonstranten bei den lautstarken Protesten. Die Stimmung war gut und fast jede Generation war anzutreffen. Es wurden von den Organisatoren Schilder mit den verschiedensten Sprüchen (z.B. „Kein Mensch ist illegal“, „Eine Gehirnzelle weniger und ihr würdet eine Pflanze sein“, „Ihr seid sowas von 90´s“) und Trillerpfeifen verteilt, um Farbe zu bekennen. Auch mit eigenen Schildern, bunten Luftballons und Trillerpfeifen wurden die “MV Patrioten” empfangen und der Protest lautstark kundgetan. Passanten schlossen sich kurzfristig dem Protest an, als sie über den Zweck aufgeklärt wurden. Die ersten Späher der “MV Patrioten” hielten sich bereits vor offiziellen Beginn der Gegenveranstaltung auf dem Alten Markt auf. Einer von ihnen befand sich vor dem Grünen Büro und drohte dem Organisatoren. Gegen 19.00 Uhr sind die Demonstranten zum Theatervorplatz, einer der drei angemeldeten Mahnwachen des Bündnisses, gegangen. Weitere Mahnwachen befanden sich in der Wasserstraße und an der Kreuzung Deutsche Bank. Als gegen 19:30 Uhr der Aufmarsch der 440 Personen starken “MV.Patrioten” begann und sich in Richtung der Mahnwache am Theater bewegte, wurde es von Mal zu Mal lauter.

Auch einzelne vermutliche Neonazis haben sich unter die bunte Menge gemischt und provozierten. So wollte jemand ein Kind angreifen, weil es durch ein Megaphon “Nazis Raus” schrie. Passanten und die Polizei gingen dazwischen und verwiesen den jungen Mann vom Platz. Während der Protestaktionen am Theater gab es einen Flaschenwurf. Wo dieser genau her kam, wird noch geklärt. Berichte von Augenzeugen verweisen auf zwei Männer, die sich von Anfang an in der Bushaltestelle aufhielten und durch Trunkenheit und Aggressivität auffielen. Enrico Naumann ergriff das Wort und beschuldigte daraufhin die Gegendemonstranten der Gewalttätigkeit und fühlte sich in seiner Meinung bestätigt. Von Seiten der “Patrioten” war wieder das Märchen der “Asylflut” und des “Volkssterbens” zu hören – ganz wie bei der vorherigen NPD Mahnwache (am 18.9. beim SIC), woran Enrico Naumann teilnahm. Auch hier bestätigte sich wiederholt, dass die Abgrenzung von Rechtsradikalen nur ein Manöver war, um seiner rassistischen Idee einen neuen Startpunkt zu geben. Die weitere Demonstration verlief über folgende Straßen: Fährwall, Wasserstraße, Frankenwall, Neuer Markt, Mönchstraße und Alter Markt

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Demonstration am 25.09.2015 gegen MV.Patrioten in Stralsund (40)

Blockaden zwingen “MV.Patrioten” zur Routenänderung
Die Demonstrationsteilnehmer auf Seiten der “MV.Patrioten” wurden fast durchgehend von Vertretern der Presse und Gegendemonstranten begleitet. So war es bis zu Letzt schwer, die diffusen Reden der Redner und die Nazimusik von Anett Müller sowie anderen bekannten Nazisgrößen zu verstehen. Es kam zu einer ersten Blockade durch 15-20 Personen im Fährwall. Gleichzeitig verteilten sich Menschen in die Seestraße, um dort eine Alternativroute zu blockieren. Wie auf dem Video zu sehen ist, wurde die Blockade am Fährwall zügig von der Polizei geräumt.

Kurz nach dem dort die “MV.Patrioten” Demo angekommen war, bildete sich in der Wasserstraße Ecke Semlowerstraße ein Pulk von Menschen, die von der Polizei bis zum Kreisverkehr Wasserstraße hochgetrieben wurden. Hier taten sich anfangs Schwierigkeiten auf, wie verabredet zur Mahnwache zu gelangen.

20150925_202954In der Ossenreyer Straße trafen viele Menschen aufeinander und bildeten eine Blockade auf Höhe Heilgeist Straße, die eingekesselt wurde. Somit wurde die Route blockiert und der braune Mob musste über die Mönchstraße umgeleitet werden. Es kam darauf folgend zu Protestaktionen und Blockadeversuche am Alten Markt, Ecke Mühlenstraße. Diese waren trotz der geringen Beteiligung sehr erfolgreich. So standen dem Aufmarsch eine kleine Menge Menschen im Weg. Allerdings wollte die Polizei die Demonstration trotzdem durch einer der beiden engen Durchgänge auf dem Alten Markt führen. Diese Idee war angesichts der Gewaltbereitschaft keine Gute.

Eskalation durch Neonazis und Rassisten

Eskalation durch Neonazis und Rassisten Auf dem Alten Markt wurden Pressevertreter, Polizisten und Gegendemonstranten vom gewaltbereiten Mob angegriffen. Die “MV.Patrioten” vermummten sich, zeigten Gewaltgebärden und Deutsche Grüße. Der Mob versuchte zur eingekesselten und auch geschützten Blockade in die Ossenreyerstraße einzudringen. Die unterbesetzte Polizei versuchte dies zu unterbinden und setzte eine Polizeikette ein. Der gleiche Versuch wurde wiederholt am Rathausdurchgang unternommen. Trotz des Einsatzes der Polizei haben sich Kleingruppen von Neonazis über andere Seitenwege in die gesamte Altstadt verteilt. Später bildeten Polizeibeamte Ketten an den anliegenden Seitenstraßen. Zu diesem Zeitpunkt bestand eine unvollständige Polizeikette am Alten Markt Höhe Knieperstraße. Es waren unmittelbar Gefahren für Gegendemonstranten gegeben. Die Polizei führte die Gegendemonstranten in die Knieper Straße ab und bildete im Durchgang eine Polizeikette. Der Gewaltbereite Mob versammelte sich vor dieser Kette, provozierte und beleidigte. Die Neonazis und Rassisten versuchten die Polizeikette zu durchdringen, um auf die ursprünglich genehmigte Route zu gelangen und um Gegendemonstranten anzugreifen. Die Polizei konnte das Durchbrechen der Kette noch gerade so mit Einsatz von Schlagstock und Pfefferspray verhindern. Die Gegendemonstranten begaben sich während dessen in Sicherheit.

 

Die sog. “Asylkritker” sind aus dem ganzen Raum Mecklenburg-Vorpommern angereist. So konnten, abgesehen von Stralsundern Vertretern der rechten Szene, auch Autokennzeichen festgestellt werden aus Greifswald, Demmin, Anklam, Rostock, Wismar, Schwerin und Hamburg. Einge “MV.Patrioten” trugen Fahnen mit der Aufschrift “Good night, left side” und Banner mit Parolen, die man aus NPD Wahlkämpfen kennt. An der ganzen Strecke wurden Einschüchterungsversuche durch “MV.Patrioten” unternommen. Ca. 21.45 Uhr wurde die Demonstration aufgelöst und Neonazis verbreiteten sich weiterhin in der ganzen Stadt.

Touristen fliehen aus der Altstadt
Auf dem Alten Markt gab es viele Bilder, die bis zur Erscheinung dieses Berichtes nicht an die Öffentlichkeit traten. Es kam aber auch dazu, dass Touristen, die von einem Cityguide begleitet wurden, sich in Sicherheit bringen mussten, damit sie vor dem gewaltbereiten Mob geschützt waren. Eine weitere Touristengruppe musste von der Polizei in ein Restaurant evakuiert werden.

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Geplanter Angriff auf Unterkunft für Asylsuchende in Viermorgen
Seit zwei Wochen liegen uns und anderen Informationen vor, nach dem die “MV.Patrioten” die Notunterkunft im Stralsunder Stadtteil Viermorgen angreifen möchten. Auch an diesem Tag ging dieses Gerücht herum. Ob es sich dabei um ein taktisches Manöver handelt, um Polizeikräfte zu spalten oder der Angriff getätigt werden soll, bleibt unklar. Beides ist möglich. Nach Vorwarnungen wurden zeitweise Polizeibeamte der Landespolizei vor der Unterkunft abgestellt.

Es bleibt die Frage offen, warum die Polizei den Einsatz so durchführte und warum die Versammlungsbehörde risikohafte Routen genehmigt. Mit Sorge sehen wir die Beteiligung von Personen aus dem Rocker- Milieu bei derartigen Demonstrationen in Mecklenburg-Vorpommern. Die Tatsache, dass Demonstrationen von rechten Bürgerbewegungen und Rechtsextremen oft gar nicht mehr angemeldet werden, sehen wir auch mit Bedenken.

Auch in den nächsten Wochen wird es zu verschiedenen Demonstrationen durch Asylkritker, Neonazis und Rassisten kommen. Wir freuen uns, wenn ihr in unserem Terminkalender (LINK) reinschaut und euch auf die Straße begebt. Die Menschen, die am gleichen Tag zum Zeitpunkt der Proteste in Stralsund unterwegs waren, bitten wir darum Gedächtnisprotokolle anzufertigen und diese uns per e-Mail zuzusenden (info@rockgegenrechts.com).

Presseberichterstattung OZ 29.09. :

pressebeitrag oz 29.09