Die derzeit hohe Anzahl neu ankommender Flüchtlinge dominiert die Tagespresse. Staatliche Strukturen scheinen überfordert, sodass vielerorts Ehrenamtliche die Erstversorgung von Geflüchteten übernehmen müssen. Unten seht ihr einen Bericht eines Stralsunders, der für den Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) in Göttingen unterwegs war und dort bei der Einrichtung eines Flüchtlingsheimes half. Wir möchten damit den Leser_innen deutlich machen, wie einfach und erfüllend es sein kann, den Menschen praktische Hilfe zu geben.
Hiermit möchte ich euch einen kleinen Erfahrungsbericht von meinen Erlebnissen bei der Flüchtlingsbetreuung in Göttingen geben. Am Freitag den 28.08 erhielt ich einen Anruf vom Leiter des Sanitätszuges vom ASB, dass wir angefragt worden sind, ob wir eine Sanitätsstation in einem Flüchtlingsheim errichten und die erste medizinische Versorgung übernehmen könnten.
Da dieser Anruf am späten Abend gekommen ist und viele vom Sanitätszug ihren Arbeitgeber nicht mehr erreichen konnten, sind wir am Samstag Nachmittag mit 3 Mann Richtung Göttingen gefahren. Ohne zu wissen, was uns erwartet und mit viel Neugierde, erreichten wir unser Ziel nach gut 7 Stunden Fahrt.
Das Flüchtlingsheim war eine ehemalige Gesamtschule, die vom ASB vor Ort schon am Freitag für die Flüchtlinge hergerichtet wurde. Vom Spätdienst erfuhren wir, dass schon 70 Flüchtlinge untergekommen sind und dass am nächsten Tag noch weitere 120 Flüchtlinge erwartet werden.
Am nächsten Tag erreichten nach dem Mittagessen weitere drei Reisebusse mit Flüchtlingen die Erstunterkunft. Unsere Aufgabe war die erste medizinische Betreuung der Geflüchteten. Am Nachmittag wurde uns eine Ärztin zur Seite gestellt. Die meisten Flüchtlinge kamen wegen Erkältungen zu uns, aber es war auch eine Person dabei, die während ihrer Flucht misshandelt worden war und Rippenfrakturen davon getragen hatte.
Am Tag darauf haben wir für die Nachbetreuung unserer Patient_innen gesorgt und 2 Transporte zur Uniklinik organisiert. Der Flüchtling mit den Rippenfrakturen musste zum Röntgen musste und eine weitere Person wegen Bauchschmerzen zur Sonografie.
Die Versorgung wurde von uns bis zum Mittwoch übernommen. Bei unserer Arbeit hatten wir auch große Unterstützung von 2 Flüchtlingen, der eine war ein syrischer Arzt, der zur Zeit hier nicht praktizieren darf, aber uns mit seinen Kenntnissen und beim Übersetzen geholfen hat. Und der andere war ebenfalls für uns als Dolmetscher tätig.
Während der Zeit, in der wir dort tätig waren, hatten wir ca. 300 Behandlungen und ca. 20 Krankentransporte zur Uni bzw. Fachärzten. Täglich haben wir eine Dienstzeit von 14 Stunden gehabt und waren über Nacht auch auf Rufbereitschaft.
Was wir aus unserem Einsatz in Göttingen mitgenommen haben, ist die Erfahrung, dass die Anstrengungen durch die sichtbare Dankbarkeit der Flüchtlinge ausgeglichen wurde. Freundschaften haben sich entwickelt und man ist mit dem Gewissen nach Hause gefahren, dass man etwas Gutes getan hat. Denn die Leute sind mit wenig hierher gekommen und durch die Leute aus Göttingen konnten sie mit dem Nötigsten versorgt werden. Viele Freiwillige haben bei der Essensausgabe geholfen, Sachen zum Anziehen vorbeigebracht und Deutschkurse für die Flüchtlinge gegeben, die auch gut angenommen wurden.
Im Großen und Ganzen war die Stimmung friedlich – viele hilfsbereite Menschen und keine ausländerfeindlichen Übergriffe.