Lobbi MV, Pressemitteilung vom 07.03.2018
Rassismus bleibt weiter Hauptmotiv rechter Gewalttaten. Die landesweite Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern, LOBBI, registrierte für das Jahr 2017 mit 109 rechten Gewalttaten leicht rückläufige Angriffszahlen. Dennoch bleibt das Ausmaß rechter Gewalt auf hohem Niveau.
Nachdem in den Jahren 2015 (130) und 2016 (149) absolute Angriffshöchstzahlen registriert werden mussten, verzeichnet die LOBBI nun mit 109 Angriffen für das vergangene Jahr erstmals wieder einen Rückgang rechter Gewalt.
Angestiegen ist anteilig jedoch zum wiederholten Mal der Anteil von Angriffen die rassistisch motiviert waren (90 ≙ 83%). Außerdem betroffen waren politisch Aktive (8 Angriffe) und nicht-Rechte Jugendliche (7 Angriffe). Insgesamt waren 172 Menschen direkt von Angriffen betroffen.
»Der Rückgang der Gewalt ist eine gute Nachricht, aber kein Anlass zur Entwarnung«, sagt Robert Schiedewitz, Mitarbeiter der LOBBI.
Eine Erklärung für die leichte Abnahme kann sein, dass der Wegzug vieler potenziell Betroffener – sei es wegen rassistischer Erlebnisse oder fehlender Perspektiven – oder gar ihre Abschiebung in Kriegsgebiete zur Folge hat, dass schlichtweg weniger potenzielle Betroffene in der Fläche leben, was sich zwangsläufig auf die Angriffszahlen auswirkt.
Die Zahlen lassen vielmehr den Rückschluss zu, dass die bereits im Vorjahr konstatierte rassistische Grundstimmung auch in 2017 weiter wirkte – wohl auch mit angeheizt durch die Bundestagswahlen, in denen ebenso rassistische und islamfeindliche Töne zu vernehmen waren und mit auf Wahlkampftour gingen. »So ist der Rückgang rechter Gewalt im Land trotz zwischenzeitlich nachlassender rassistischer Mobilisierung auf der Straße und einer diskreter agierenden organisierten Neonaziszene eher bescheiden.«, sagt Schiedewitz weiter.
Regionale Schwerpunkte bildeten erneut der Landkreis Mecklenburg Seenplatte mit 23 Angriffen sowie die Städte Rostock (18) und Schwerin (17), aber auch der Landkreis Ludwigslust-Parchim (18).
Ein Großteil der Angriffe fand 2017 im öffentlichen Raum statt. Immer wieder sind Busse, Straßenbahnen oder öffentliche Treffpunkte der Tatort.
Mehrheitlich wurden die Angriffe zur Anzeige gebracht. Dennoch berichten Betroffene in anderen Fällen davon, dass sie auf eine Anzeige bei der Polizei verzichten, weil sie ohnehin nicht an eine angemessene Strafverfolgung glauben und sich nicht ernst genommen fühlen. Das kann ein Ergebnis eigener negativer Erfahrungen sein, aber auch durch Berichte aus der eigenen Community oder dem sozialen Umfeld. So ist nach wie vor von einer nicht zu verkennenden Dunkelziffer auszugehen. Daraus erklärt sich unter anderem auch der Unterschied zu den jüngst bekannt gewordenen Zahlen des Bundesinnenministeriums, da die LOBBI auch Angriffe registriert, die nicht zur Anzeige kamen.
Die LOBBI unterstützt seit 2001 Betroffene rechter Gewalt in Mecklenburg-Vorpommern. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter*innen 144 Menschen nach rechten Angriffen beraten. Dazu gehören direkt Betroffene beraten, aber auch Zeug*innen, Angehörige und Freund*innen. In vielen Fällen haben sich die Betroffenen selbst bei den Regionalbüros gemeldet oder wurden über Kooperationspartner vermittelt. Dennoch nahm auch die Recherche in Medien oder vor Ort, um Betroffenen das Beratungsangebot zu unterbreiten, einen großen Raum ein. In diesen Fällen wurde das Beratungsangebot fast immer in Anspruch genommen. Hauptunterstützungsfelder sind die psychosoziale Beratung sowie die Begleitung in den teilweise belastenden und langwierigen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren. Erneut viele Angriffe auf Flüchtlinge in MV