Jugendarbeit und der gesellschaftliche Zusammenhalt sind systemrelevant!

Seit über einem Jahr folgt Verordnung auf Verordnung. Gesellschaftlich wichtige Bereiche, die das Prinzip des Sozialstaates stützen, werden immer wieder ohne Rücksicht eingeschränkt.

Anstatt für einen begrenzten Zeitraum einen konsequenten Lockdown durchzusetzen, werden junge Menschen benachteiligt. Schulen, Bibliotheken und Jugendeinrichtungen mussten schließen. Kitas gehen in Notbetreuung und die Jugendarbeit findet keine Beachtung. Aufgrund der Schulschließungen wird der Nahverkehr für körperlich Beeinträchtigte und besonders im ländlichen Raum eingeschränkt. Der Schülerverkehr ist in manchen Orten die einzige Busverbindung. Während dessen müssen Erwachsene in der Arbeitswelt einen engen Kontakt pflegen, denn große Arbeitsstätten sind immer noch geöffnet. Dabei braucht es gerade hier Maßnahmen, damit das Infektionsgeschehen in den Haushalten aufgehalten werden kann. Schulen und Kitas müssen für die Zukunft technisch und strukturell gut ausgestattet werden. Das ist lange bekannt und bis heute hat sich nicht viel bewegt. Zudem ist die Wirkung von Ausgangsbeschränkungen in der Wissenschaft umstritten. Zusammentreffen verlagern sich ins Wohnzimmer oder im heimischen Partykeller.
In aktuellen Debatten werden junge Menschen lediglich als Schüler*innen wahrgenommen, ohne dabei die Bedürfnisse junger Menschen außerhalb der Schule zu berücksichtigen. Kinder und Jugendliche sind wichtiger Bestand jeder Gesellschaft und haben daher unsere Aufmerksamkeit verdient!
Das Bedürfnis nach Austausch, Nähe und Kultur ist besonders bei Kindern und Heranwachsenden zu beachten, der politischen Orientierung und der Sozialisation.

Jugendarbeit wird in die Illegalität getrieben

Ein Erlass vom 10.01.2021 des Ministerium für Soziales, Integration und Gesundheit setzte die bis dahin bestehende Corona-Jugendhilfeverordnung außer Kraft. Er versprach die Prüfung einer neuen Corona-Jugendhilfeverordnung, sobald die Entwicklung es zulässt. Nun warten Träger der Kinder- und Jugendhilfe schon 4 Monate auf eine neue Verordnung, damit die Einrichtungen unter Beachtung eines Hygienekonzeptes wieder geöffnet werden dürfen. Bis heute gibt es keine Entscheidung. Mitarbeiter*innen hangeln sich durch die digitale Welt, aber auch das hat seine Grenzen und kann den Bedürfnissen der Jugendlichen nicht gerecht werden. Die neue Verordnung verschärft die Bedingungen, denn Treffen mit Jugendlichen können im Freien nur noch 1 zu 1 stattfinden. Dabei ist Jugendarbeit ein wichtiger Baustein in der Demokratiebildung. Sie kann junge Menschen in ihrem Handeln hinterfragen und einen vertrauensvollen Kontakt halten. Jugendarbeit ist gerade jetzt relevant, denn sie ermöglicht das Erlernen von genormten Verhaltensweisen und erlaubt gemeinsamen Dialog. Gerade in einer Zeit, in der rechtsradikale und demokratiefeindliche Gruppierungen Aufwind erhalten.


Solidarität & fehlende Nachvollziehbarkeit

„SARS-CoV-2-Erreger würden fast ausnahmslos in Innenräumen übertragen. Im Freien sei das äußerst selten, im Promille-Bereich.„[1], so Titel es die Ärztezeitung.

Mit Abstand und Einhaltung der wesentlichen Bestandteile der Kontaktbeschränkungen sind die Gefahren auf ein Minimum reduziert. Die Bereitschaft der Bürger*innen, an der Bekämpfung des Virus mitzuwirken weicht der Resignation und dem allgemeinen Unverständnis gegenüber politischer Maßnahmen. Wissenschaft wird nicht ernst genommen, sonst wären die Grenzwerte niedriger und Maßnahmen würden früher greifen. Die Instanzen sind nicht in der Lage, die beschlossenen Maßnahmen im ausreichenden Maß zu kontrollieren. Deshalb benötigt es Selbstkontrolle durch die Bevölkerung. Dass dieses solidarische Prinzip oft scheitert, ist nicht in Abrede zu stellen. Dennoch ist das solidarische Miteinander ein wichtiger Baustein für das gesellschaftliche Miteinander. Unabhängig in welchem Maß man vom Virus betroffen ist. Altkluge Vorstellen und Misstrauen siegten in der Vergangenheit über neue Ideen und Wünsche der Jugend. So wurden Forderungen etwa nach dem Netzausbau in der Vergangenheit kaum gehört. Nun verlangt die Politik und Gesellschaft ein Maß an Reife und ein Verzicht auf das, was viele als Jugendzeit bezeichnen. Aktuelle Studien belegen, dass die Mehrheit der Jugendlichen die Krise ernst nimmt und die Grundsätze der Kontaktbeschränkungen akzeptieren. [2] Eine Jugendzeit kann vielleicht nachgeholt werden. Besonders, wenn man von Covid-19 nicht betroffen ist.

Kultur ist möglich

Für Kulturprojekte im Freien müssen realisierbare und planbare Bedingungen, basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, definiert werden. Nur so wird es möglich sein, in absehbarer Zeit,  Veranstaltungen durchzuführen. Es ist notwendig, dass gemeinnützige Projekte staatliche Zuschüsse für zusätzliche Hygiene- und Kontrollmaßnahmen erhalten.
Das Infektionsgeschehen in Innenräumen sollte bei der Virusbekämpfung höchste Priorität haben. Daher muss man hier konsequent und ohne Ausnahmen testen. Auch damit die Dunkelziffer der Inzidenzentwicklung sinkt. Mit Tests wäre es auch für Bands möglich wieder gemeinsam Musik zu machen. Natürlich mit Hygienekonzept. So sind ebenfalls Livestreams möglich. Aus beruflicher Motivation darf man diesen Tätigkeiten nachgehen, aber nicht wenn sie Freizeit sind.


Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“  

Keiner möchte noch mehr Freunde, Verwandte, Geschwister und Eltern verlieren. Wir müssen auf die Lebenssituationen Aller Rücksicht nehmen, um einer gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken. Es bedarf dafür eine selbstwirksame Bevölkerung, nachvollziehbare Maßnahmen und Vorgaben. Grundbedürfnisse Jugendlicher dürfen nicht in die Illegalität abrutschen und müssen mit den derzeitigen gesellschaftlichen Anforderungen so gut es geht im Einklang gebracht werden. Jugendarbeit bietet dafür eine gute Grundlage. Kinder und Jugendliche haben unsere Besondere Aufmerksamkeit verdient. Das große Ganze rückt leider sehr oft in die Ferne.

[1] Ärztezeitung 12.04.2021, 13:01 Uhr

[2] https://afet-ev.de/corona/studien-forschungen-befragungen

[3] „Der Mensch lebt nicht von Brot allein“, Bibel (5. Mose 8,3)